Wie nutze ich neutraldichtefilter bei drohnenaufnahmen für sanfte wasserbewegungen und wolkenzüge

Wie nutze ich neutraldichtefilter bei drohnenaufnahmen für sanfte wasserbewegungen und wolkenzüge

Neutraldichtefilter (ND-Filter) bei Drohnenaufnahmen sind für mich eines dieser einfachen Werkzeuge, die den Unterschied zwischen einem dokumentarischen Schnappschuss und einem Bild mit echter Stimmung ausmachen. Besonders bei langen, sanften Wasserbewegungen oder weichen Wolkenzügen können ND-Filter die Zeitabfolge sichtbar machen und eine cineastische Ruhe in die Szene bringen. In diesem Beitrag erkläre ich, wie ich ND-Filter bei meinen Drohnenflügen einsetze – technisch-praktisch, mit Beispielsettings und typischen Stolperfallen.

Warum ND-Filter bei Drohnen?

Ich nutze ND-Filter, um die Verschlusszeit bewusst zu verlängern. Ohne Filter zwingt die helle Umgebung (vor allem am Tag) oft zu sehr kurzen Verschlusszeiten, was Bewegungen "einfriert". Für fließendes Wasser oder ziehende Wolken möchte ich stattdessen Bewegungsunschärfe, die Dynamik und Zeit sichtbar macht. Ein ND-Filter reduziert die Lichtmenge, die auf den Sensor trifft, sodass ich mit vernünftigen ISO- und Blendenwerten längere Belichtungszeiten erzielen kann.

Welcher ND-Filter: stufenlos oder feste ND?

Meine Faustregel: Wenn es um Drohnen geht, bevorzuge ich feste ND-Filter (z. B. ND8, ND16, ND32). Sie sind stabiler in der Farbwiedergabe und vermeiden Probleme wie Cross-polarization oder Vignettierung, die bei manchen variablen ND-Filtern auftreten können. Marken, die ich oft verwende oder empfehle: PolarPro, Freewell, Tiffen. Für DJI-Modelle gibt es speziell angepasste Filterkits (z. B. PolarPro Standard ND-Kits für Mavic- oder Air-Serien).

Variable ND-Filter sind praktisch, wenn du schnell wechselnde Lichtverhältnisse hast und nicht ständig Filter wechseln willst. Allerdings können sie bei Weitwinkel-Objektiven (wie bei Drohnen) zu ungleichmäßiger Abdunklung oder Farbverschiebungen führen.

Welche Stärke wähle ich?

Die Wahl der Stärke hängt vom gewünschten Effekt und von der Helligkeit ab. Hier eine kleine Orientierungstabelle, die ich oft benutze:

ND-Wert Stops Bedeutung (bei hellem Tageslicht)
ND4 2 Leichte Verlängerung, nützlich bei mild bewölktem Himmel
ND8 3 Mittlere Verlängerung, guter Allrounder
ND16 4 Deutlich längere Zeiten, ideal für Wasser mit mittlerer Bewegung
ND32 5 Starke Verlängerung, sehr weichzeichnende Wasser- und Wolkenzüge
ND64+ 6+ Sehr lange Belichtungen, meist nur bei starkem Tageslicht oder Spezialeffekten

Berechnung der Verschlusszeit

Ich beginne mit der "sauberen" Belichtung ohne ND: Stelle ISO so niedrig wie möglich (meist ISO 100) und die Blende entsprechend, um eine normale Belichtung mit kurzen Verschlusszeiten zu erreichen (z. B. 1/2000 – 1/250 sec bei hellem Sonnenschein). Dann addiere ich die Stopverluste des ND-Filters, um die neue Verschlusszeit zu berechnen.

Beispiel: Basisbelichtung ohne Filter = 1/2000s. Mit ND16 (4 Stops) multipliziert sich die Belichtungszeit auf ca. 1/125s (1/2000 → 1/1000 → 1/500 → 1/250 → 1/125). Für sanfte Wasserbewegungen und Wolkenzüge sehe ich oft Verschlusszeiten zwischen 1/8s und 1/2s als ideal an — bei sehr ruhigem Wasser oder subtilen Wolkenbewegungen reichen auch 1/30s.

Praktisches Vorgehen vor dem Flug

  • Check der Ausrüstung: Ich habe immer mindestens ND8, ND16 und ND32 in der Tasche. Für wechselnde Bedingungen kann ein ND-Set mit 3–6 Filtern sehr hilfreich sein.
  • Belichtung messen: Vor jedem Flug messe ich eine Referenzbelichtung ohne Filter (im Notfall mit Spotmessung oder Live-Histogramm). So kann ich die notwendigen Stops sicher berechnen.
  • Stabilität der Drohne: Lange Verschlusszeiten sind anfälliger für Bewegungsunschärfe durch Wind oder leichte Drift. Ich achte darauf, nur bei moderater Windstärke zu arbeiten und gegebenenfalls die Aufnahmen in Windschutzbereichen (z. B. hinter Klippen) zu machen.
  • In-Flight Tipps

    Bei Drohnen ist das Zusammenspiel von Flugbewegung und Verschluss besonders wichtig:

  • Keine hastigen Schwenks: Für fließende Wasser- oder Wolkenaufnahmen wähle ich meist statische Hover-Positionen oder sehr langsame, gleichmäßige Fahrten.
  • Gimbal und Bewegungsrichtung: Ein stabiler Gimbal ist Pflicht. Wenn du eine Fahrt planst, fliege parallel zur Bewegung des Wassers (z. B. Flussrichtung) für harmonische Linien.
  • ND + PL Kombination: Bei spiegelnden Oberflächen empfiehlt sich oft ein ND + Polarisationsfilter (oder ein ND/PL-Kombi). Das reduziert Reflexionen und verstärkt Farben. Achte aber auf mögliche Vignettierung.
  • Beispiel-Settings (DJI Mavic / Air x Serien)

    Diese Werte sind Beispiele, die ich häufig nutze:

  • Heller Sonnentag, ruhiger See: ISO 100, Blende f/2.8 (fest bei vielen Dronenkameras), ND16 → Verschluss 1/8 – 1/15s → sanfte, glatte Spiegelungen.
  • Bewölkt, fließender Fluss: ISO 100, ND8 → Verschluss 1/30 – 1/60s → leichtes "Seide"-Look im Wasser, Details bleiben erhalten.
  • Starker Sonnenschein, dramatische Wolkenstreifen: ISO 100, ND32 → Verschluss 1/4 – 1/2s → ausgeprägte Wolkenzüge, glättende Wasseroberfläche.
  • Nachbearbeitung

    In Lightroom/Photoshop bringe ich die Bewegung zur Geltung, ohne dass die Szene künstlich wirkt.

  • RAW-Bearbeitung: Belichtung, Weißabgleich und Kontrast zuerst anpassen.
  • Dehaze/Clarity sparsam einsetzen: Zu viel Klarheit kann die sanfte Bewegung zerstören.
  • Farb- und Tonkurven: Ich forme die Stimmung mit gezielten S-Kurven und hebt die Mitteltöne leicht an, um das Volumen der Wolken zu verstärken.
  • Maskierung: Manchmal maskiere ich Vordergrunddetails (Felsen, Boote), um sie scharf zu halten, während Wasser und Himmel weich bleiben.
  • Sicherheit und Legalität

    Ich vergesse nie: Für längere Belichtungen ist es entscheidend, eine sichere Flugposition zu wählen. Langsamere, ruhigere Bewegungen bedeuten weniger Risiko, aber es bleibt wichtig, Flugverbote und Abstandsvorschriften (z. B. Menschenmengen, Sportveranstaltungen) einzuhalten. In der Schweiz gelten strenge Regeln — deshalb plane ich jede Location und checke lokale Bestimmungen, bevor ich starte.

    Häufige Probleme & meine Lösungen

  • Bild ist zu verwackelt: Oft Wind oder Drift. Ruhigerer Tag abwarten oder kürzere Verschlusszeit wählen (ND-Wert reduzieren).
  • Farbverschiebung durch Filter: Manche Filter färben leicht. Ich mache Referenzaufnahmen und korrigiere im RAW-Workflow.
  • Belichtungsfehler: Automatik kann verwirren. Ich fliege bevorzugt in manuellen Einstellungen oder nutze die Belichtungssperre und kontrolliere Histogramm.
  • ND-Filter sind für mich mehr als nur Zubehör — sie sind Mittel, um Zeit sichtbar zu machen. Mit der richtigen Vorbereitung, den passenden Filtern und einem ruhigen Flugstil gelingen Aufnahmen, die erzählen statt nur zu zeigen. Wenn du möchtest, kann ich in einem weiteren Beitrag konkrete Flugpläne für typische Schweizer Locations (Seen, Flüsse, Alpenpässe) mit optimalen ND-Empfehlungen teilen.


    Sie sollten auch die folgenden Nachrichten lesen:

    Luftaufnahmen

    Wie plane ich eine flugroute für spektakuläre seen- und alpenaufnahmen bei wechselhaftem licht

    02/12/2025

    Wechselhaftes Licht ist für mich der spannendste und gleichzeitig herausforderndste Begleiter bei Luftaufnahmen über Seen und in den Alpen. Es kann...

    Weiterlesen...
    Wie plane ich eine flugroute für spektakuläre seen- und alpenaufnahmen bei wechselhaftem licht
    Luftaufnahmen

    Wie bereite ich meine drohne und ausrüstung vor, wenn ich an einem triathlon oder laufrennen filme

    02/12/2025

    Bei einem Triathlon oder Laufrennen mit der Drohne unterwegs zu sein, ist für mich immer ein Balanceakt zwischen Kreativität, Technik und...

    Weiterlesen...
    Wie bereite ich meine drohne und ausrüstung vor, wenn ich an einem triathlon oder laufrennen filme